Zum 1. Juli 2021 könnten sich Online-Einkäufe aus Nicht-EU-Ländern wie China verteuern. Bisher galt in Sachen Einfuhrumsatzsteuer eine Freigrenze von 22 Euro. Kleinartikel und günstige Waren ließen sich so ohne Zusatzgebühren importieren. Mit dem Wegfall der Freigrenze muss man nun auch geringwertige Kleinsendungen versteuern. Obendrein könnten sie sich wegen einer Auslagenpauschale verteuern.

Einfuhrumsatzsteuer: EU will Betrug eindämmen

Grund der Aufhebung der 22-Euro-Freigrenze bei der Einfuhrumsatzsteuer ist eine Entscheidung der EU-Kommission, effektiv gegen Mehrwertsteuerbetrug und Bevorzugungen ausländischer Versandhändler vorzugehen. Bisher konnte man Waren bis zu einem Wert von 22 Euro zollfrei in die EU einführen. Zu niedrige Wertangaben, beispielsweise beim Kauf von Smartphones und anderen technischen Produkten – vor allem aus China – sind laut Angaben der Kommission ein Anlass für die Neuregelung.

Im Gespräch ist die Aufhebung der Freigrenze bereits seit 2016. Für alle Sendungen, die nach dem 1. Juli aus Nicht-EU-Ländern eintreffen und den deutschen Zoll passieren, erhebt der Zusteller die nun erforderlichen Abgaben. Besonders sorgfältig werden Sendungen aus China, Großbritannien und den USA kontrolliert. Hier ist es in der Vergangenheit öfter zu den bereits angesprochenen falschen Wertangaben gekommen.

Welche Veränderungen kommen auf Online-Käufer zu?

Muss der Besteller die Zusatzkosten selbst zahlen, sind viele Auslandsbestellungen weniger lukrativ. So ist damit zu rechnen, dass ein Produkt mit einem Warenwert von 21 Euro bei einer Besteuerung mit 19 Prozent zusätzlich 3,99 Euro Einfuhrumsatzsteuer und 6 Euro Auslagenpauschale kostet. Das würde für den Käufer bedeuten, dass sich das eigentlich niedrigpreisige Produkt um 10 Euro verteuert. Es wäre somit weniger attraktiv.

Es lohnt sich, beim Händler zu erfragen, ob er den Einfuhrzoll bereits entrichtet und auf den Produktpreis aufgeschlagen hat. In allen anderen Fällen geht das Logistikunternehmen beim Zoll in Vorkasse. Es händigt die Sendung nur gegen die zusätzliche Entrichtung der Auslagenpauschale aus.

Werden größere Sendungen mit einem Wert von bis zu 150 Euro im Nicht-EU-Ausland bestellt, bleibt die Einfuhr weiterhin von einer Zollerhebung befreit. Auch Einkäufe mit einem Warenwert unter 5,23 Euro werden nicht zusätzlich besteuert. Die Einfuhrumsatzsteuer läge nämlich unter einem Euro. Das brächte mehr Verwaltungsaufwand als Nutzen.

150 Millionen nicht versteuerte Pakete im Jahr

Bisher war es verhältnismäßig einfach, anhand falscher Angaben zum Warenwert eine Befreiung der Steuerlast zu erzielen. Dass viele Händler davon Gebrauch gemacht haben, haben Marktbeobachter umfassend nachgewiesen. Jährlich versenden Händler aus Nicht-EU-Ländern mehr als 150 Millionen Pakete in die EU, ohne Einhebung einer Mehrwertsteuer, wie unter anderem Golem.de berichtet.

Durch falsche Einfuhrunterlagen büßt die EU hohe Steuersummen ein, obwohl der Versandhändler und das Produkt nicht für eine Einfuhrumsatzsteuerbefreiung prädestiniert sind. Mit der Neuregelung soll dieser Problematik ein Riegel vorgeschoben und die Entrichtung der Steuer strenger gehandhabt werden. Mit dem Wegfall der 22-Euro-Freigrenze dürften viele Online-Käufer ihre Bestellungen neu abwägen.

Warum Online-Käufer künftig in der EU kaufen könnten

Ziel: Da die Kosten durch die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer steigen, kann der Kauf eines innerhalb der EU hergestellten Produkts im Endeffekt günstiger sein als die Lieferung aus Asien oder den USA.

Jeder Händler außerhalb der EU hat die Möglichkeit, seinen Kundenstamm zu erhalten und weiterhin zahlreiche Pakete in die EU zu liefern. Für den Online-Käufer sind vor allem die Versandhändler interessant, die sich eigenständig um die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer kümmern und Zusatzgebühren von Käuferseite aus vermeiden.

Posted by Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.